everyday is like sunday

was war


everyday I wake up and it's sunday / whatever is in my head won't go away / the radio is playing all the usual / and what's a wonderwall anyway (Travis)

An einem Sonntag im Winter 2010 habe ich den Dokumentarfilm "Mädchen am Sonntag" (Regie RP Kahl 2005) gesehen. Vier junge Schauspielerinnen werden begleitet, es gibt keine Handlung, sie erzählen. Es ist der Augenblick, der zählt. Fotografieren hat mit Festhalten zu tun, das ist vielleicht der Anstoß gewesen für das erste Sonntagsfoto. Insgesamt gibt es inzwischen ungefähr 200 davon. 

Der Sonntag ist immer noch ein besonderer Tag in der Woche, man nimmt sich Zeit für Dinge, die sonst liegen bleiben – bleibt vielleicht selbst länger liegen – liest Zeitung, hört dieses neue Album in Endlosschleife, schaut raus und stellt fest, dass man in einer Straße wohnt, in der sich drei Kaugummiautomaten befinden. Man trifft sich mit Lieblingsmenschen auf Kaffee und Kuchen, sieht sich eine Ausstellung an, geht spazieren. Soweit nichts Weltbewegendes, klar, und trotzdem entsteht aus all diesen kleinen Ritualen das Sonntagsgefühl, diese Enthobenheit gegenüber allen anderen Tagen. Diesem Gefühl wollte ich einen Platz geben. Eigentlich dachte ich, ich würde das Projekt nach einem Jahr beenden, nun sind aber die Fotos selbst zum Sonntagsritual geworden und das Material dafür ist bis jetzt nicht ausgegangen. Weil: Wir leben in einer Welt, die bestimmt ist von Konsum und Kultur. Wir sitzen ja nicht mehr im Wald. Selbst unsere (Liebes)Beziehungen definieren sich über Dinge

2010 ist dieses Buch von Leanne Shapton erschienen: 
"Bedeutende Objekte und persönliche Besitzstücke aus der Sammlung von Leonore Doolan und Harold Morris, darunter Bücher, Mode und Schmuck" (Berlin Verlag). Daherkommend wie ein Auktionskatalog wird hier über Fotografien die Geschichte einer zu Ende gegangenen Liebe erzählt. Was am Ende übrig bleibt, sind Postkarten, Mixtapes, uneingelöste Kinokarten usf. Etwa in der Mitte des Buchs sind zwei Kulturbeutel und drum herum aufgereiht deren Inhalt abgebildet. Diese beiden Fotos haben mich unbewusst dazu gebracht, die Sonntagsfotos so zu gestalten: als Stillleben von Dingen, meistens von oben fotografiert. 
Fotos ermöglichen uns ein Draufgucken auf das Ding, in dem wir normalerweise drinstecken: Alltag.


2011: zur zeit hängen die sonntagsfotos im collegium, lange gasse 8, tübingen
(es gibt dort auch die besten kekse zum kaffee)





 

2011 - Juli 2013: texte und schauspiel für: 
maria beig: "hochzeitslose" im theater lindenhof, melchingen