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Freitag, 8. November 2013

Von Bärten und Gitarren

Zwei Mädchen in Strickjacken stehen wie angewurzelt vor der Bühne. Dort ist noch alles ruhig, eine Leuchtreklame mit dem Bandnamen Mighty Oaks lehnt am hinteren Bühnerand, darunter vier Gitarren. Draußen ist es kalt und nass, ein Herbstabend wie er im Buche steht. Die Stimmung im Sudhaus ist erwartungsvoll, man trinkt biologische Limonade und hat womöglich das Gefühl am richtigen Ort zu sein. 

Und wer wohl wäre  ein besserer Vertreter für  die allerorts aufkeimende November-Melancholie als vier bärtige Musiker in Holzfällerhemden, die traurige Songs spielen? Das Publikum ist hauptsächlich weiblich. Männlichen Begleitern ist in ihren Gesichtern abwechselnd aufgesetzte Coolness, Belustigung gepaart mit Anerkennung und auch ein bisschen eifersüchtige Sorge um die frenetisch mit dem Kopf wippende Freundin anzusehen, die beseelt Richtung Bühne lächelt.

Seit zwei Wochen ist die Indie-Folk-Band um Frontmann Ian Hooper auf Deutschlandtournee. Die erste, auf der sie selbst die Headliner sind.  Zuletzt begleiteten sie unter Anderem die britische Band Travis, als die ihr neues Album in Berlin vorstellte.
Berlin ist die Stadt in der die Mighty Oaks leben und gemeinsam Musik machen. Eigentlich kommen die vier Musiker aus allen Himmelsrichtungen: Italien, USA, Großbritannien. Einzig Jürgen Stiehle an den Drums, der die Band auf der Tour verstärkt (er ist eigentlich Mitglied der Alternative-Rock-Band Die Happy) kommt aus Deutschland.

"Wenn man Vorband ist, muss man in ziemlich kurzer Zeit Leute davon überzeugen, dass man Musik machen kann", erzählt Leadsänger Ian Hooper mit Haaren um die ihn manches Mädchen beneiden würde in hervorragendem deutsch. Er trägt gar kein Holzfällerhemd, dafür eine rote Wollmütze, die er am Ende des Konzerts bei heftigem Headbanging verlieren wird und das Publikum damit zum Jubeln bringen. "Als Headliner darf man dann auch mal leise Lieder spielen", fügt Hooper hinzu. Und betont, dass die Songs des Australiers Jackson Dyer, der an diesem Abend  wiederum als Vorband für die Mighty Oaks spielte, bei ihm zuhause rauf und runter liefen. Dyer im Retro-Seidenhemd, schmale Hosen, Duttfrisur trug mit klarer, einprägsamer Stimme seine leisen, kraftvollen Lieder vor. Sie handeln von Begegnungen und Reisen, vom Leben. Genau wie die Songs der Mighty Oaks.

Welche Qualität das Zusammenspiel der Band hat, zeigt sich an der Präsenz der vier an ihren Instrumenten: Claudio Donzelli wechselt immer wieder von der Akustik-Gitarre zum Keyboard, Craig Saunders überzeugt nicht nur am Bass, auch zeigt er gegen Ende seine Stimmkraft. Jürgen Stiehle an den Drums bringt die Tiefe, die einen als Zuschauer mit den Füßen fest in den Boden stampfen lässt.  Und natürlich Ian Hooper, dessen rauchige Stimme an die von Marcus Mumford erinnert, den ebenfalls lagerfeuertauglichen Leadsänger der sehr erfolgreichen englischen Folk-Band Mumford and Sons.
Auch die Flexibilität und Souveränität mit der die vier Musiker die Lieder ihres Ende Februar 2014 erscheinenden Albums vortragen ist überzeugend. Einige von ihnen haben Hitqualitäten, wie der Titelsong der schon erschienenen EP "Just one day". 

Und dann legen die Männer mit den Gitarren ihre Instrumente aus der Hand und singen eine Akustik-Version von "Picture". Ein seltsam anrührender Anblick, da umgreift Craig Saunders schon mal seinen eigenen Arm mit der Hand hinter dem Rücken und die Finger von Ian Hooper zupfen unaufhörlich, als bewegten sie sich auf den Gitarrensaiten. „I hold you in my mind“, singt er und man kann gar nicht anders als sich freuen, über diese Herrschaften.

Bei der Zugabe stehen die beiden Strickjackenmädchen immer noch am selben Platz (wie gewaltige Eichen eben, nur schmaler), hätten sie Blätter, bewegten sich diese ohne Zweifel sanft im Herbstwind.



Erschienen im Schwäbischen Tagblatt am 8.11.2013

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